Maligne Lymphome: Der Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose)

Maligne Lymphome stellen häufig vorkommende bösartige Erkrankungen dar, die vom lymphatischen Gewebe ausgehen und sich meist in Form von Lymphknotenvergrößerungen und/oder Vermehrung von Lymphzellen in Blut und Knochenmark äußern. Befallen werden aber nicht nur Lymphknoten und lymphatisches Gewebe wie Leber und Milz, sondern auch andere Organ- und Gewebssysteme wie Darm, Haut oder auch das Hirn.

Die Malignen Lymphome sind aber keine einheitliche Erkrankung, entsprechend der unterschiedlichen Behandlung und der Prognose unterscheidet man

  1. Die indolenten (niedrig malignen) Non-Hodgkin-Lymphome
  2. Die aggressiven  (hoch malignen) Non-Hodgkin-Lymphome
  3. Den Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose)

Nachdem im ersten und zweiten Teil meiner Ausführungen die indolenten und aggressiven Lymphome dargestellt wurden, soll jetzt der Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose)  folgen.

Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose)

Der Morbus Hodgkin macht etwa 40 % aller malignen Lymphome aus. Man schätzt die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland auf 1800 im Jahr, wobei der Altersgipfel zweigipflig ist, zum einen im 3. Lebensjahrzehnt und jenseits von 50 Jahren.  Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen. Geschwister von Patienten sind deutlich häufiger betroffen, sie tragen ein neunfach höheres Risiko. Die Ursache des Hodgkin-Lymphoms ist noch nicht hinreichend geklärt. In der Vergangenheit wurden viele Krankheitsauslöser diskutiert. Eine Entstehung durch das onkogene (krebsauslösende) Epstein-Barr-Virus (EBV) wird vermutet, da das Risiko, einen Morbus Hodgkin zu entwickeln, nach einem vorausgegangenen Pfeiffer-Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose), das durch das EBV verursacht wird, erhöht ist. Bei 50 Prozent der Erkrankten in den industrialisierten Ländern lässt sich das Epstein-Barr-Virus in den Lymphomzellen nachweisen, in Entwicklungsländern beträgt diese Rate über 90 Prozent. Umgekehrt infiziert sich nahezu jeder Mensch irgendwann im Laufe seines Lebens mit dem EBV, im 30. Lebensjahr liegt die Durchseuchungsrate bei über 95 Prozent.

Krankheitszeichen

Als auffälligstes Symptom treten bei einem Morbus Hodgkin vor allem am Hals sowie seltener in den Achselhöhlen oder in der Leistengegend vergrößerte Lymphknoten auf.
Sie sind gut tastbar, fühlen sich eher hart an und sind typischerweise schmerzlos. Geschwollene Lymphknoten treten aufgrund ihrer Funktion in der Infektabwehr ebenfalls häufig bei Infektionskrankheiten auf, sind dann jedoch weich und schmerzhaft.
Etwa ein Viertel der Patienten leidet unter Fieber über 38 °C, ungewolltem und raschem Gewichtsverlust sowie Nachtschweiß. Etwas seltener klagen Patienten über Juckreiz, Schwäche oder Appetitverlust. Hat sich die Krankheit im Knochenmark ausgebreitet, kann sie dort die Bildung der roten Blutkörperchen stören und deshalb Symptome einer Blutarmut, wie Müdigkeit und Schwäche, verursachen. Aus dem gleichen Grund kann die Bildung der Blutplättchen gestört sein, so dass es zu häufigen Blutungen zum Beispiel in der Nase oder in die Haut kommt. Wird die Bildung der weißen Blutkörperchen beeinträchtigt, sind die Betroffenen deutlich anfälliger für Infektionskrankheiten.

Diagnose

Besteht der Verdacht auf einen Morbus Hodgkin, wird die Diagnose durch eine Gewebeuntersuchung des verdächtigen Gewebes abgeklärt. In diesem Fall wird  ein vergrößerter Lymphknoten entfernt, speziell geschnitten und gefärbt, damit er von einem Pathologen unter einem Mikroskop untersucht werden kann.
Beim Vorliegen eines Morbus Hodgkin können mit dieser Untersuchung charakteristisch veränderte Lymphozyten gefunden werden, welche als Reed-Sternberg-Zellen bezeichnet werden. Durch sie unterscheidet man den Morbus Hodgkin von anderen Lymphomen.

Untersuchung

Nach der Diagnosestellung wird das Krankheitsstadium durch eine Staginguntersuchung festgestellt. Die möglichst genaue Bestimmung des Krankheitsstadiums ist wichtig, da die Prognose sowie auch die Wahl der Therapie sehr stark davon abhängig sind.
Das Stadium wird bestimmt durch das Ausmaß und die Art des Organbefalls.
Ein zusätzliches Kriterium ist das Vorhandensein von anhaltendem Fieber, Nachtschweiß und raschem, ungewolltem Gewichtsverlust. Die für das Staging erforderlichen Methoden umfassen die Befragung des Patienten nach den oben besprochenen Symptomen und eine allgemeine körperliche Untersuchung. In weiteren Schritten folgen die bildgebenden Verfahren wie zum Beispiel eine Computertomographie von Thorax und Abdomen. Um einen Befall des Knochenmarks abzuklären, ist eine Knochenmark-Punktion erforderlich. Der Befall des Skelettes wird mit Hilfe einer Skelettszintigraphie untersucht, mit welcher die befallenen Knochen sichtbar gemacht werden können.

Stadieneinteilung

Wenn eine genaue Übersicht über den Ausbreitungsgrad des indolenten Lymphoms vorliegt, wird entsprechend der „ Ann-Arbor-Klassifikation“ eine Stadieneinteilung vorgenommen:

Stadium I:
Befall einer Lymphknotenregion
Stadium II:
Befall von 2 oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells
Stadium III:
Befall von Lymphnotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells
Stadium IV:
Disseminierter Befall einschließlich des Knochenmarks

Die Stadien erhalten den Zusatz (A) bei Fehlen von Allgemeinsymptomen, (B) bei Vorliegen von Fieber, Nachtschweiß und/oder Gewichtsverlust, (E) bei Beteiligung einer extranodalen Struktur in Kontinuität oder in engem anatomischen Bezug zur einem beteiligten Lymphknoten, (S) bei Milzbefall.

Therapie

Die Therapie des Hodgkin-Lymphoms basiert auf Chemotherapie und Bestrahlung. Die Therapie wird an das Stadium der Krankheit angepasst, wobei anhand des Ann-Arbor-Stadiums und vorhandener Risikofaktoren in die drei Gruppen limitierte Stadien, intermediäre Stadien und fortgeschrittene Stadien eingeteilt wird (siehe Tabelle). Vor Beginn einer Chemotherapie sollte sichergestellt werden, dass Maßnahmen zur Sicherung der Fortpflanzungsfähigkeit des Patienten ergriffen wurden (zum Beispiel Einfrieren von Spermien).

Die Deutsche Hodgkin-Studiengruppe (GHSG) erforscht seit 1978 die Therapiemöglichkeiten des Hodgkin-Lymphoms. Seitdem beteiligten sich über 14.000 Patienten an den Therapiestudien, derzeit ist die sechste Studiengeneration mit den Studien HD16 (limitierte Stadien) und HD18 (fortgeschrittene Stadien) sowie der geplanten Studie HD17 (intermediäre Stadien) aktuell. Aufgrund der Studien der GHSG gelang eine erhebliche Prognoseverbesserung in den letzten 20 Jahren, das Ziel der aktuellen Studien ist vor allem eine Verminderung der Nebenwirkungen der Therapie. Die GHSG veröffentlicht aufgrund dieser Studien Empfehlungen zur Therapie der verschiedenen Stadien, die aus Chemo- in Kombination mit Strahlentherapie besteht.

Übersicht über die stadienorientierte Initialtherapie des Morbus Hodgkin bei Erwachsenen (Empfehlungen der GHSG)
Gruppe Stadium / Risikofaktoren Standardtherapie
limitierte Stadien
limited disease
Stadien I und II ohne Risikofaktoren Chemotherapie: 2 x ABVD Radiotherapie: 30 Gy involved field
intermediäre Stadien
intermediate disease
Stadien I und II mit Risikofaktoren Chemotherapie: 4 x ABVD bzw. 2 x BEACOPP eskaliert + 2 x ABVD Radiotherapie: 30 Gy involved field
fortgeschrittene Stadien
advanced disease
Stadien IIB mit Bulk-Tumor, III und IV Chemotherapie: 6 x BEACOPP eskaliert Radiotherapie: 30 Gy involved field von PET-positivem Restgewebe > 2,5cm

Als Risikofaktoren gelten:

  • großer Mediastinaltumor (mehr als ein Drittel des Thoraxdurchmessers)
  • Tumorwachstum außerhalb von Lymphknoten
  • hohe Blutsenkungsgeschwindigkeit
  • Befall von mehr als zwei Lymphknotenarealens

Aufgrund der strengen Überprüfung von Therapiekonzepten innerhalb klinischer Studien ist es gelungen, den Anteil der Heilungen beim Morbus Hodgkin auf über 90% zu steigern. Damit gehört diese Erkrankung heute zu den Erfolgsgeschichten in der Krebsmedizin.